Sinn oder kein Sinn = Sein oder Nichtsein. Der Brand Purpose ist Zukunftsfaktor von Marken.

Marken müssen Sinn stiften

Sich in Wohlstands- und Wissensgesellschaften ausschließlich über Qualität oder gar Preis-Leistung-Verhältnis differenzieren zu wollen, ist aussichtslos. Zahlreiche Anschaffungen decken hier längst keine grundlegenden Bedarfe mehr, sondern erfüllen Wünsche, und das bei einer schier unüberschaubaren Auswahl an einander sehr ähnelnden Waren und Dienstleistungen.

Um sich angesichts eines enormen Konkurrenzdrucks und einer nie da gewesenen medialen Transparenz am Markt zu behaupten, dürfen Marken nicht austausch- oder ersetzbar, sondern müssen authentisch, relevant und unterscheidbar sein.

„Well, Mr. President, I’m helping put a man on the moon.“

Die Antwort eines Raumpflegers auf die Frage des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy nach seiner Aufgabe im NASA-Weltraumzentrum

Das gilt umso mehr in einer Zeit, in der sich – auch aufgrund deren Krisenhaftigkeit – nicht nur Millennials, sondern Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten die Sinnfrage stellen. Marken müssen deshalb Position beziehen — nicht nur im eigenen Markt, auch in der Welt; als Dienstleister:innen, Produzent:innen und als Arbeitgeber:innen.

Reine Gewinnmaximierung kann nicht mehr einziger Daseinszweck eines zukunftsorientierten Unternehmens sein. Marken, die relevant sein wollen, müssen einen höheren Sinn haben: einen Purpose.

Brand Purpose als integraler Markenbestandteil

Der Brand Purpose oder Corporate Purpose ist im aktuellen Diskurs um die Daseinsberechtigung von Marken der Schlüsselbegriff. Purpose bezeichnet eben jene Existenzberechtigung eines Unternehmens jenseits der reinen Profitorientierung.

Dabei ist nicht Corporate Social Responsibility gemeint. Vielmehr bezeichnet der Purpose die wirtschaftsethische Haltung eines Unternehmens: Der Purpose ist das Versprechen, Mehrwert im lokalen Umfeld oder im globalen Marktumfeld des Unternehmens zu schaffen, der direkt mit dessen Wertschöpfung zusammenhängt.

Insofern weist der aktuelle Purpose-Diskurs Bezüge zu einer im Grundgesetz festgeschriebenen Unternehmer:innen-Verantwortung auf: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Brand Purpose ist essentiell

Wie essentiell der Brand Purpose für die Zukunftsfähigkeit von Marken ist, sieht etwa man am Untergang von Schlecker. Dieser wird in einer Folge des populären Wirtschafts-Podcasts „Macht und Millionen“ eindrucksvoll nachgezeichnet. Schlecker, das war einst die größte Drogeriekette Europas, an die sich heute noch der eine oder die andere erinnern mag.

Das Fazit des Journalist:innen-Teams Hannah Schwär und Kayhan Özgencan jedoch ist so vernichtend wie zutreffend: Manche:r erinnert sich an Schlecker. Aber niemand vermisst diese Marke. Letztlich war sie schlicht nicht relevant.

Ohne Purpose keine Marke

Warum war Schlecker am Ende des Tages als Marke unbedeutend? Schleckers einziger Daseinszweck war Marktmacht durch Expansion um jeden Preis, im wahrsten Sinne des Wortes. Dies ging zu allererst auf Kosten der sogenannten Schleckerfrauen, die unter mehr als fragwürdigen Bedingungen arbeiteten, zu Lasten dessen, was man in irgendeiner Weise Einkaufsatmosphäre hätte nennen können — und am Ende auf Kosten der Profitabilität.

Eine halbherzige Kampagne und ein ebensolches Rebranding mit PoS-Makeover sollten 2011 retten, was nicht mehr zu retten war, auch, weil dennoch kein Investor die Marke haben wollte.

Das Beispiel zeigt auf dramatische Weise, dass da, wo im Sinne einer wirtschaftsethischen Haltung nichts ist, am Ende des Tages auch nichts übrig bleibt — im Wortsinn. Dass Brand Purpose nicht nur für Marken aus sozial oder ökologisch orientierten Branchen relevant ist, sondern im Prinzip für jedes Unternehmen, zeigen auch die folgenden Beispiele.

Brand Purpose macht Marken relevant – in jeder Branche, 3 Beispiele

Dass Brand Purpose nicht nur für Marken aus sozial oder ökologisch orientierten Branchen relevant ist, sondern im Prinzip für jedes Unternehmen, zeigen die folgenden Beispiele.

Brand Purpose Beispiel: Nike – Breaking Barriers

„Nike exists to bring inspiration and innovation to every athlete* in the world. Our Purpose is to move the world forward through the power of sport – breaking barriers and building community to change the game for all. *If you have a body, you are an athlete.“

Um dem eigenen Purpose gerecht zu werden, investiert Nike in drei Bereiche: People, Planet, Play. Dazu gehören Programme wie Community Building, Diversität in der eigenen Belegschaft, Recycling, Bewegungsförderung für Kinder und einiges mehr. Nicht umsonst rangiert die Marke 2021 mit knapp 84 Milliarden US-Dollar Markenwert erneut unter den Top 25. Der starke Purpose macht den Sneaker zum Statement.

Brand Purpose Company einhorn

Brand Purpose Beispiel: einhorn Kondome – Unfuck the economy

„Der Klimawandel, Armut, Krankheiten, die Verschmutzung von Grundwasser aber auch die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich sind nur einige der Herausforderungen, denen unsere Welt heute gegenübersteht. Wir wollen Verantwortung übernehmen und glauben daran, dass Unternehmen nicht Teil des Problems sein sollten sondern der Lösung. Das Ganze wollen wir dann auch noch sexy machen.“

einhorn Kondome bezeichnet sich selbst als Purpose-Unternehmen. 2015 wurde das Start-Up gegründet, um faire, nachhaltige und vegane Kondome zu produzieren, deren Branding und Packaging einen Designanspruch jenseits der hier handelsüblichen Drogerie-Ästhetik hat. Der Purpose Fairstainability (Fairness + Sustainability) ist ausschlaggebend für sämtliche Unternehmensaktivitäten: von der transparenten Wertschöpfungskette für Kondome und Periodenprodukte über das Investieren von Profitanteilen in gemeinnützige Projekte bis hin zum Verantwortungseigentum als alternatives Eigentumsmodell. Das bedeutet im Fall von einhorn unter anderem, dass die Stimmrechte der Firma immer bei Mitarbeiter:innen liegen und Anteile am Unternehmen nicht vererbt werden können. Fairstainability wird so zur rechtlichen Grundlage der Markenführung.

Purpose Beispiel: Gillette – The Best Men Can Be

„We will provide branded products and services of superior quality and value that improve the lives of the world’s consumers, now and for generations to come.“

Sehr kontrovers diskutiert wurde „The Best Men Can Be“, eine von mehreren Kampagnen, mit denen Gillette dem recht umständlich formulierten Brand Purpose Rechnung trägt.

Die Kampagne propagiert ein neues Männerbild jenseits von überkommenen Stereotypen, das als Vorbild für kommende Generationen dienen soll. Es war unausweichlich, dass sich ein Teil der Zielgruppe von der Darstellung vermeintlich „typisch männlicher“ Verhaltensweisen angegriffen fühlte. Das Beispiel zeigt, dass ein gelebter Purpose Konsequenz bedeutet. Gillette scheint weniger darüber besorgt, Kunden mit einem bestimmten Mindset zu verlieren, als vielmehr darum, die Erzählung über die tradierte Muster oder gar Veranlagung von Männern zu ändern.

Wer einen Purpose hat, ist produktiver

Start-Ups wie einhorn, aber auch größere, etablierte Unternehmen wie z.B. Zeiss zeigen, dass es möglich ist, die Unternehmensstrategie nach Sinnhaftigkeit auszurichten und dabei erfolgreich und rentabel zu sein. Studien haben nachgewiesen, dass sich Purpose durchaus nicht im altruistisches Streben erschöpft.

Demnach sind Marken, die ihr Handeln nach ihrem Purpose ausrichten, nachweisbar erfolgreicher, sowohl hinsichtlich der Gesamtleistung als auch der Kundenorientierung, Vertrieb und Neukundengewinnung wie Innovationskraft und digitalen Transformation

Put­ting in long hours for a corporation is hard. Putting in long hours for a cause is easy.

Elon Musk

Purpose, Vision und Mission unterscheiden

Brand Purpose, Vision und Mission voneinander klar zu unterscheiden, ist auf den ersten Blick nicht ganz einfach. Bei genauerem Hinsehen jedoch bilden sie eine Hierarchie.

Auf oberster Ebene steht der Purpose, er schwebt sozusagen über den Dingen. Er beantwortet die Frage, warum das Unternehmen in der Welt ist. Entsprechend richtet er sich gewissermaßen auch an alle Welt, nämlich an sämtliche Interessengruppen der Marke, intern wie extern.

Die Brand Vision beschreibt das längerfristige Ziel des Unternehmens, z.B. eine zu erreichende Positionierung oder Reputation. Sie richtet sich vor allem an Mitarbeiter*innen und dient der Motivation und Orientierung. Die Mission fasst die konkreten Leistungen der Marke im Sinne eines Nutzenversprechens und richtet sich entsprechend vor allem an Kund*innen.

Brand Purpose, Vision und Mission sollten sich natürlich aufeinander beziehen oder im Verhältnis zueinander stehen. Dann entfalten sie ihre Kraft als ein veritables unternehmerisches Koordinatensystem.

Purpose first, Strategy second

Aus rein strategischen Marketingzwecken einen Brand Purpose zu formulieren, ohne ihn zu leben, wird seine Wirkung verfehlen. Menschen haben ein ausgezeichnetes Gespür dafür, ob eine Botschaft, eine Haltung aufrichtig ist — oder eben nicht. Das gilt für potenzielle Käufer*innen wie Mitarbeiter*innen. Ein Versprechen, das sich als schales Lippenbekenntnis herausstellt, kann enttäuschen, demotivieren, sogar peinlich und damit ausgesprochen schädlich für die Marke sein.

Die besagte mediale Transparenz trägt das ihrige dazu bei, das Potemkinsche Dörfer als solche rasch entlarvt werden. Deshalb sollte der Purpose stets Impulsgeber für die Strategie der Marke sein, nicht umgekehrt.

Brand Purpose FAQ

  • Was ist Brand Purpose?

    Der Brand Purpose beschreibt den Grund warum ein Unternehmen in der Welt ist, abseits der reinen Profitorientierung. Der Brand Purpose umfasst den gesellschaftlichen Mehrwert, der zum Allgemeinwohl beitragen soll.

  • Warum is Brand Purpose wichtig?

    Der Brand Purpose macht Marken relevant. Menschen stellen sich zunehmend die Sinnfrage und beziehen diese in ihre Entscheidungen ein, sei es als Arbeitnehmer:in oder Kund:in. Mit einem Purpose bezieht man Position und unterscheidet sich von Marken mit reiner Gewinnmaximierung.

  • Wie definiert man den Brand Purpose?

    Ein Brand Purpose sollte aufrichtig und authentisch sein und dient als Impulsgeber für die Markenstrategie. Ausgangspunkt ist der Mehrwert, der durch die Wertschöpfung in der Gesellschaft generiert wird und sich auch leben lässt.

  • Was ist der Unterschied zwischen Brand Vision und Brand Purpose?

    Die Brand Vision beschreibt das längerfristige Ziel des Unternehmens, richtet sich vor allem an Mitarbeitende und dient der Motivation. Der Purpose beantwortet die Frage warum das Unternehmen in der Welt ist und richtet sich an sämtliche Interessensgruppen.

  • Wie formuliert man einen Brand Purpose?

    Der Brand Purpose richtet sich an alle Welt – an sämtliche Interessensgruppen. Es gilt ein Versprechen zu formulieren, das auf oberster Ebene des unternehmerischen Handelns schwebt. Purpose Statements sollten nicht ausgedacht sein, sondern aus einer aufrichtigen Haltung entstehen.

  • Purpose vs. Corporate Social Responsibility?

    Der Purpose bezeichnet die wirtschaftsethische Haltung eines Unternehmens: es ist das Versprechen, Mehrwert im lokalen Umfeld oder im globalen Marktumfeld zu schaffen, während sich die Corporate Social Responsibility auf ökologische und soziale Verantwortungen eines Unternehmens bezieht.

Brand Purpose liegt in der DNA der Marke

… meistens jedenfalls. Das ist die gute Nachricht: Es besteht gar kein Anlass für „ausgedachte“ Purpose Statements. Es ist auch nicht notwendig, die eigene Daseinsberechtigung über zu inszenieren — nicht jede Marke kann und muss gleich die Welt retten. Wir als Markenberatung sind davon überzeugt, dass (fast) jeder Marke ein authentischer, individueller Brand Purpose innewohnt, der sich im Unternehmen leben lässt. In unserem MARKENWORKSHOP fördern wir diesen mit unseren Auftraggeber:innen kokreativ ans Licht.





    Ansprechpartner Helder Design: Dr. Birgit Joest

    Dr. Birgit Joest

    STRATEGY DIRECTOR

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    b.joest@helder.design